Silberzeit

Heitere Geschichten zu
einem ernsten Thema.

Leseprobe:

Ich war 53 Jahre alt, als ich mich völlig überraschend und unerwartet  mit dem Thema Ruhestand auseinandersetzen musste: Mein Arbeitgeber wollte Personal abbauen und bot mir und vielen anderen Kolleginnen und Kollegen die Möglichkeit, vorzeitig in Pension zu gehen. Kein „Goldener Handschlag“ zwar, wie es in der Zeitung stand, aber es bot sich doch eine unerwartete Möglichkeit, mein weiteres Leben neu zu gestalten, eine völlig andere Lebensperspektive. Anders - , aber besser?

Ich bin dann  in eine Buchhandlung gegangen und habe nach Büchern zu diesem Thema Ausschau gehalten. Vorrätig waren einige Bände unter dem Motto: „Herzlichen Glückwunsch zum Ruhestand“. Das war nicht das, was ich suchte.
Eine freundliche Verkäuferin gab darauf hin das Suchwort Ruhestand in Ihren Computer ein, der dann knapp hundert Werktitel aufführte: wer sagt`s denn.
Der weitaus überwiegende Teil der Bücher beschäftige sich mit den Finanzen im Alter, Vorsorgen,  reicht die Rente, komme ich aus. Damit hatte ich mich früher schon beschäftigt. Dann gab es noch viele Bücher zum Thema Gesund im Alter, Ernährung, Sport, Vitamine. Wollte ich auch nicht.
Ich wollte ein Buch, in dem ich lesen konnte: wie gehe ich meiner Frau nicht auf die Nerven, wenn ich jetzt öfter zu Hause sein werde,  wie verhindere ich, dass ich  immer zum Einkaufen geschickt werde, mit einem vorgegebenen Einkaufszettel verstehet sich, und vielleicht noch, wie es den Anderen ergangen ist, Papa ante Portas.

Da blieben zwei Bücher mit viel versprechenden Titeln übrig. „Die muss ich Ihnen bestellen, sind aber morgen früh da“ sagte die Verkäuferin. Gut. Komme morgen früh vorbei.

Jetzt eilte es natürlich.

Am nächsten Tag waren die Bücher da. „Soll ich sie als Geschenk einpacken“ fragte die freundliche Verkäuferin von gestern. „Nein Danke, die sind für mich.“
„Ruhestand?“ frage sie ungläubig, „in  ihrem Alter!“ „Na ja, eben deshalb die Bücher“ sage ich.

In den Büchern konnte ich dann nachlesen, wie sich 40-jährige Unternehmens- und Personalberater den Ruhestand vorstellen, wie man Zeitmanagement betreibt und verschüttete Interessen mit einer Mind-map ausgräbt. Aber es war ein Anfang.

Mir waren die in Aussicht gestellten Möglichkeiten, die für mich, meine Familie und meine Interessen nutzbare  Zeit zu wertvoll, um alles dem Zufall zu überlassen. Vielleicht hatte ja alles nicht nur Vorteile, vielleicht gab es auch Stolpersteine, denen ich aus dem Weg gehen sollte, Fallen, die ich erkennen müsste.

Ich habe in der Folgezeit  weitere Bücher und Zeitungsartikel zum Thema gelesen, im Internet recherchiert, unzählige Gespräche mit Betroffenen geführt, viel nachgedacht  und  ganz besonders mich und die Menschen in meiner Umgebung sehr aufmerksam und kritisch beobachtet.

Fangen wir also an.